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Buchtipp: Gabriele Münter. Menschenbilder

Im Bucerius Kunstforum Hamburg ist bis zum 21.05.2023 die Ausstellung „Gabriele Münter. Menschenbilder“ zu sehen. Der gleichnamige Ausstellungskatalog erschien im Hirmer Verlag und bietet Betrachtern wie denjenigen, die keine Gelegenheit haben, die Ausstellung zu besuchen, einen Einblick in das Schaffen einer exzeptionellen Künstlerin aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts.

Menschenbilder – dieser Begriff bezieht sich direkt auf die Faszination der Künstlerin Gabriele Münter (1877–1962), die ihr ganzen Leben lang anhielt und sie dazu bewegt hat, sich immer wieder und in unterschiedlichen künstlerischen Formen mit der Darstellung des Menschen auseinander zu setzen.  Etwa 80 Gemälde, Druckgrafiken, Zeichnungen, Fotografien und eine Hinterglasmalerei aus unterschiedlichen Sammlungen sind hier vereint. Die Hamburger Ausstellung ermöglicht es dem Publikum damit, den erstaunlichen Facettenreichtum Münters zu würdigen, die als eine der bedeutendsten Expressionistinnen gilt.

Erstmals zu sehen und in den Ausstellungskatalog aufgenommen, sind Zeichnungen und Fotografien, die Münter auf ihrer USA-Reise 1899/1900 angefertigt hat. Des Weiteren werden expressive Einzel- und Gruppenporträts der Jahre 1908–1912, gemalte und gezeichnete Damenbildnisse der 1920er-Jahre sowie Kinder- und Selbstporträts aus ihren späten Lebensjahren gezeigt.

„Die Aufgabe der Darstellung des Menschen ist so bedeutend“, so Münter, dass sie nie versuchte, diese aufzulösen, darüber hinaus zu gehen oder „durch gegenstandslose Gebilde zu ersetzen“. Ihrer Ansicht nach, waren die körperliche Erscheinung und insbesondere das Gesicht bereits ein „Sinnbild“. Die Persönlichkeit wurzelte „im Geistigen“ und wirke aus dem „Unsichtbaren heraus“, was dazu führe, dass das „Körperliche das natürliche Symbol“ sei.

Um diese Konzeption der „Menschenbilder“ nachvollziehbar zu machen, beschäftigen sich die renommierten Autorinnen und Autoren mit einzelnen Aspekten des Werkes von Gabriele Münter und fokussieren dabei auf verschiedene Themengruppen wie künstlerische Ausdrucksformen. Dementsprechend ist auch der Katalogteil unterteilt in: Selbstbildnisse, Porträts, Figurenbildnisse, Menschenbilder in Zeichnungen, Kinderbildnisse, Gruppenporträts.

Was bei der Betrachtung der Bildnisse und der Analyse der forschungskritischen Annäherungen am stärksten beeindruckt, ist die Farbigkeit und die Unabhängigkeit der Kunstwerke sowie ihrer Formensprache. Oft sind Münters Menschenbilder leuchtend, schillernd gar, die die Lebendigkeit der Dargestellten spiegeln und damit eine Nähe herstellen, die wirkungsmächtig ist. Besonders spannend sind ihre in Amerika angefertigten Fotografien ebenso wie Münters Zeichnungen. Beide Kunstformen vermitteln, wie konzentriert Münter den Blick auf das Gegenüber gerichtet hat und wie präzise sie diesen in ihre künstlerische Sprache übersetzen konnte.

Ihre Kompositionen sind einfach spannend zu betrachten – und zeigen sich auch in ihrem druckgrafischen Werk auf bemerkenswerte Weise. Wie sie den Menschen im Vordergrund zu den erzählenden Motiven im Hintergrund komponierte, ist harmonisch und aussagekräftig. Zugleich ist es wieder diese spezielle Farbigkeit, die auffällt und als charakteristisch für die Künstlerin gilt. Ihre Bilder haben eine Kraft und eine Stärke der Wesenszüge der Dargestellten, sodass man sich unmittelbar fragt, wie Münter diese innere Nähe aufbauen konnte. Schließlich ist nicht denkbar, wie anders als durch Nähe könne sie einen Menschen in seinen Eigenschaften, seinem Denken und Handeln erfasst haben, um ihn oder sie überzeugend zu malen oder zu zeichnen.

Gabriele Münters Menschenbilder erfassen und berühren bis heute. Das dokumentieren die Ausstellung und der vorliegende Katalog mit 160 farbigen Abbildungen, wenn sie das „Mensch-sein“ in der künstlerischen Interpretation einer großen Kunstschöpferin während der „Geburt der Moderne“ in den Mittelpunkt stellen.

GABRIELE MÜNTER
Menschenbilder
Hg. Kathrin Baumstark
Beiträge von Kathrin Baumstark, C. Hopfengart, I. Jansen, U. Pohlmann, U. Schneede, F. Schmidt
216 Seiten, 160 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-4133-7

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