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Buchtipp: Die Welt der Pflanzen

Dass Pflanzen Lebewesen sind, wird heute kaum jemand mehr bestreiten. Da ihre Art zu leben, von unserer als Menschen doch sehr verschieden ist, mag es nicht so leicht sein, sich ihnen anders als über ästhetische Empfindungen anzunähern. Aber möglich ist das zweifellos. Zumal wenn wir uns bewusst machen, dass das Leben für uns auf der Erde nicht möglich wäre ohne die bio-chemischen Prozesse, die Pflanzen durchlaufen. Sie verwandeln Sonnenlicht in Energie. Sich das vorzustellen, ist schon faszinierend.

Pflanzen sind jedoch nicht allein durch diese Leistung mit unserem Leben verbunden. Vielmehr lässt sich die Kulturgeschichte der Menschheit durchaus mit Hilfe von Pflanzen anschaulich und spannend erzählen. Diesem Thema widmet sich Stefano Mancuso in seinem neuen Buch „Die Welt der Pflanzen. … und wie sie Geschichte machen“. Der Florentiner Professor für Pflanzenkunde gilt seit Längerem als einer der führenden Autoren des »Nature Writing«, und er ist zudem ein renommierter Pflanzenforscher. Darüber hinaus hat Mancuso eine Gabe, in lebendiger und spannender Weise von den Verbindungen zwischen Menschen und Pflanzen auf unserem Planteten zu erzählen.

Im vorliegenden Band hat der Autor die Lebensbereiche unterteilt und wendet sich in einzelnen Kapitel den Pflanzen der Freiheit, der Stadt, des Untergrunds, der Musik, der Zeit, der Erkenntnis, des Verbrechens sowie des Mondes zu. Exemplarisch präsentiert er anhand spezieller Themenbereiche Pflanzenindividuen im direkten Kontakt mit uns Menschen.

Was das Buch so lesenswert macht, ist vor allem die sympathische, subjektive Erzählweise des Autors, der als äußerst gebildet, weltgewandt und detailliert beobachtend auftritt und zugleich sehr einfühlsam von den Geschehnissen berichtet. Es ist ein über Jahrzehnte gewachsenes Interesse und Wissen, das hier vor einer interessierten Leserschaft ausgebreitet wird, illustriert vom Autor selbst. Lesend reist man so durch Zeit und Raum, nähert sich wie mit einer Lupe einzelnen Aspekten der Pflanzenkunde und lernt durch die Erweiterung der Perspektive auf das Ökosystem, auf die Weltgeschichte oder auf die Entwicklungsgeschichte so viel Interessantes, dass es fraglos jede weitere Begegnung mit Pflanzen verändern wird.

Es ist zum einen die persönliche Geschichte des Autors, der sich seit Kindheit an von Pflanzen fasziniert ist, und zum anderen die Geschichte von historischen Akteuren oder Ereignissen, in denen Pflanzen eine bedeutende Rolle gespielt haben, sei es als Symbol wie der Freiheitsbaum oder als Indiz wie im Gerichtsprozess. Das ist famos, denn wer denkt bei einer Geige von Stradivari schon an den Baum, aus dem sie gefertigt wurde? Oder wer hätte je etwas von „Mondbäumen“ gehört, die zwar nicht auf dem Mond wachsen, aber deren Samen tatsächlich einst auf dem Mond gewesen waren. Auf diese Weise schärft sich der Blick auf einen Baum oder eine Blume, die damit den Anteil der pflanzlichen Materie aus der Anonymität herausheben und dokumentieren, wie eng unsere Lebenssphären verknüpft sind. Ein herrliches Buch, lehrreich und unterhaltsam und vor allem inspirierend beim Blick in den Garten, den Wald, die Natur, die eine derartige Vielfalt besitzt, die einen immer wieder aufs Neue staunen lässt. Schließlich befinden sich pflanzliche Elemente rings um uns her, ob nun in Form von Kleidung, Möbeln, Geräten – und eben in den unzähligen Geschichte unserer Kulturen!

Stefano Mancuso
Die Welt der Pflanzen
… und wie sie Geschichte machen
Aus dem Italienischen von Andreas Thomsen
192 Seiten, Gebunden
ISBN: 978-3-608-98076-9
Verlag Klett-Cotta

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