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Spaziergang zu dritt. Oder wie Menschen in die Landschaft passen.

Die geistreiche Miss Jane Austen liebte es nicht nur, stundenlang spazieren zu gehen, sondern sie war auch sehr vertraut mit den Ideen der Landschaftsgestaltung. So verwundert es nicht, dass ihre Romanfiguren ihrem Beispiel folgen und ohne Sorge um ihren Kleidersaum übers Land streifen, Fahrten zu Aussichtspunkten unternehmen und sich
zum Picknick im Freien niederlassen.

Für einen Spaziergang empfiehlt Jane Austen Gesellschaft. Why not? Gerne in einer kleinen Gruppe zu dritt oder zu fünft, jedoch niemals mit vier Personen. Keine gerade Zahl. Sie passt nicht zum Ensemble einer nach dem Vorbild der Natur gestalteten Umgebung, wie sie die philosophisch-ästhetische Theorie des Pittoresken gebietet.

Ganz im Sinne von Austens Lieblingsfigur Miss Elizabeth Bennet. Im Roman „Stolz und Vorurteil“ lehnt Elizabeth die Aufforderung der beiden Bingley-Schwestern und Mr. Darcys höflich ab, sie auf einem Spaziergang zu begleiten. Durch eine vierte Person, begründet sie, würde das Malerische dieser reizenden Gruppe zu dritt zerstört werden. Im englischen Original zeigt sich noch markanter, wie Austen an die zeitspezifische Diskussion anknüpft: „You are charmingly group’d, and appear to uncommon advantage. The picturesque would be spoilt by admitting a fourth”.

Im späten 18. Jahrhundert entbrannte in England ein regelrechter Streit um die Frage nach der angemessenen Darstellung der Natur im Landschaftsgarten. Kritiker von Lancelot Brown bemängelten die Eintönigkeit seiner Schöpfungen. Sie forderten stattdessen eine Ästhetik des Malerischen, die sich in echter romantischer Wildheit ausdrücken sollte. Das zum Malen reizende Bild der Natur könne durch Asymmetrie, Ausblicke auf fernes Heide- oder Bergland, rauschende Bäche und zerbröckelnde Ruinen hergestellt werden.

Diese dritte Phase der Landschaftsgärtnerei beeinflussten Ideen, die die frühen Landschaftsgestalter wie Bridgeman und Kent in den Gärten von Chiswick, Stowe und Rousham verwirklicht hatten. Das Wort „pittoresk“ galt als ein Schlüsselbegriff dieser Theorie. Englische Autoren wie Reverend William Gilpin und Uvedale Price führten den Begriff „The Picturesque“ in die Debatte um die Gestaltung von Gärten ein und prägten mit ihren Naturbetrachtungen die Vorstellung von Landschaft in starkem Maße.

Gilpin entwarf ab 1776 eine Theorie der romantischen Kategorie des Irregulären, die sich gegen die starren Regeln des Rationalismus stellte und die Schönheiten der Landschaft betonte. Das „Malerische“ erkannte er in Unregelmäßigkeiten, Rauheit und Unklarheit. Es zog ihn in abgelegene Regionen, wie Wales, den Lake District, die schottischen Highlands oder auf
die Isle of Wight. Reisende Dichter wie der englische Romantiker Thomas Gray, William Wordsworth und seine Schwester Dorothy, Maler wie William Turner und Gentleman-Touristen verinnerlichten diese Sichtweisen und erlebten die Gebirgslandschaften der Alpen, Wales’ und Schottlands in dieser Stimmung.

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