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Buchtipp: Schaufel, Rechen, Gartenschere. Was die Hände brauchen

Die Entdeckung dieses Gartensommers ist für mich ein kleines, feines Buch, das im Frühjahr in der Reihe „Dinge des Lebens“ im Residenzverlag Wien erschienen ist. Das Buch stammt von der erfolgreichen österreichischen Schriftstellerin Barbara Frischmuth und trägt den Titel „Schaufel, Rechen, Gartenschere. Was die Hände brauchen”.

In der Tat liegt die Betonung auf dem Untertitel „Was die Hände brauchen“, denn Barbara Frischmuth blickt liebevoll und konzentriert auf die Hände, die einfühlsam und doch kräftig, mit oder ohne Schutz durch Gartenhandschuhe, Gartenwerkzeuge ergreifen und verwenden. Während sie behänd, im wahrsten Sinne des Wortes, den Garten gestalten, werden sie selbst von den Gedanken und Ideen des Kopfes geleitet, um der Natur einen Garten abzuringen. Schließlich entstehen Beete und Wege durch die Wünsche der Menschen, die sich von der Natur ein kleines Stückchen unter eigener Regie aneignen möchten.

Denn so naturnah ein Garten auch sei, so sehr bestimmt im Garten die Natur selbst das Geschehen. Das fasste bereits der britische Autor Alfred Austin (1835-1913) in „The Garden that I love“ pointiert zusammen. „Gartenarbeit ist eine Partnerschaft, in der die Natur, der ‚Seniorpartner‘“ sei, der „die Hauptverantwortung trägt“, was „recht und billig“ wäre, da ihr der „größte Teil des Kapitals“ gehöre, und sie nehme Menschen „nur deshalb in das Geschäft auf“, weil sie „ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und viel Fleiß bewiesen haben“, so Austin.

Als passionierte Gärtnerin widmet sich Barbara Frischmuth aufmerksam der Natur und sucht hier und dort eben mit jenen Gartenwerkzeugen einzugreifen, um mit Respekt und Liebe zur Schönheit ihren Garten zu erschaffen. All jene Bewohner des Gartens mit ihren eigenen Interessen, seien es Insekten, Schnecken, Igel, Vögel oder Pflanzen und Sträucher achtet und beobachtet sie – schließlich weiß sie um ihre „geheimen Welten“. Ihre Freude liegt dabei eher im Lernen und Verstehen, im Gewähren und Bewundern als im Durchsetzen eigener Vorstellungen.

Die Gärtnerin nimmt Gerät für Gerät in die Hand und indem sie über seine Nutzung nachdenkt, erzählt sie die Geschichte einer langandauernden Beziehung zwischen Mensch und Natur, die die Geräte in manchen Fällen zu einer Zeit hervorbrachte, die kaum erfasst werden könne. Sich auf diese Dimension der Betrachtung einzulassen, erdet ungemein. Wer denkt schon daran, nimmt man fürs Pflanzen, Jäten, Gießen das eine oder andere Gerät in die Hand, dass unsere Vorfahren es erst in ihrem Geiste erschufen, um es dann mit ihrer Hände Arbeit herzustellen. Das ist spannend und zweifellos eine Kulturgeschichte der poetischen Art.

Diese kulturgeschichtliche Dimension beschreibt Barbara Frischmuth so lebendig und geprägt von eigenen Erfahrungen und Unvollkommenheiten, etwa in puncto verlegter Gartenscheren oder anderer Geräte, dass lesend der Geist in Äonen der Zeit zurückreist. Übrigens so unerklärlich wie das Verschwinden der Gartenwerkzeuge, ist das freudige Willkommen-heißen, wenn sie manchmal erst nach etlichen Monaten wieder auftauchen. Das lässt sich wunderbar als Ankunft im Hier und Jetzt verstehen – und führt Gartenbegeisterte gleich vom Buch zurück ins Beet.

Die in einzelne Kapitel unterteilten Betrachtungen des 64 Seiten umfassenden Bandes werden durch die liebevollen Zeichnungen von Hanna Zeckau illustriert, wobei diese in Grün-Schwarz gehalten sind und damit das formvollendete Layout (grüne Kapitelüberschriften) samt Einband in einem kleinen Bücherschatz verwandeln.

Barbara Frischmuth
„Schaufel, Rechen, Gartenschere. Was die Hände brauchen”.
Mit zahlreichen Illustrationen. Aus der Reihe “Dinge des Lebens”.
64 Seiten
Format: 120 x 180
ISBN: 9783701735822
Residenz Verlag Wien

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