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Buchtipp: Pflanzenjäger

Was heute in unseren Gärten wächst, hat irgendwo einmal in der Natur gegrünt und geblüht und den Menschen so sehr gefallen, dass sie diese Pflanzen, Sträucher und Bäume um sich haben wollten. Es war in der Tat für viele Gewächse ein langer Weg durch Zeiten und Räume, bis sie in die Gartenkultur aufgenommen wurden. Mit der Eroberung der Kontinente und all ihren Ressourcen ging auch die Jagd nach bisher unbekannten Pflanzen einher.

Die Autorin Ambra Edwards hat sich detailliert mit all jenen Gewächsen und denen beschäftigt, die sie aufgespürt, entdeckt und zu ihrer Verbreitung beigetragen haben. Sie selbst ist Journalistin und hat ein besonderes Faible für Gartengeschichte und die Menschen, die auf oft abenteuerlichen Wegen die Wälder, Tropen, Dschungel und Bergwelten dieser Erde bereist haben, um auf Pflanzenjagd zu gehen. Mehrfach wurde sie für ihre Leistungen ausgezeichnet und zur „Gartenjournalistin des Jahres“ gewählt. Regelmäßig verfasst sie Artikel für die britischen Medien Guardian, den Telegraph, Gardens Illustrated, Hortus und Country Living.

Ambra Edwards neuestes Buch erschien in deutscher Übersetzung von Anke Albrecht unter dem Titel „Pflanzenjäger. Wie exotische Pflanzen in unsere Gärten kamen“. Auf 304 Seiten präsentiert die Autorin über vierzig inzwischen weit verbreitete Pflanzen, die insbesondere seit dem Zeitalter der Renaissance entdeckt wurden, um für Menschen als Nahrung, Medizin, zur Zierde oder in anderer Form nutzbar zu sein. Pflanzen waren und sind für Menschen Schönheit und Nutzen zugleich, waren und sind aber immer auch Rohstoffe, die mit Profit und Gier verknüpft sind. Ganz im Geiste von Thomas Jefferson, der der Ansicht war: „Der größte Dienst, der einem Land erwiesen werden kann, ist es, seinen Landbau, um eine nutzbringende Pflanze zu bereichern.“

In übersichtlicher Weise ist die Darstellung nach den Kontinenten gegliedert, auf denen die Pflanzen einst in der freien Natur wuchsen. Die jeweiligen Pflanzenporträts werden durch zahlreiche Karten und farbige Illustrationen aus den Archiven der Königlichen Botanischen Gärten von Kew ergänzt, sodass die botanischen Schönheiten in attraktiver Weise inszeniert werden.

So farbenfroh der vorliegende Band in den Händen liegt, so lehrreich und charmant ist er verfasst. Die britische Autorin versteht es in bester angelsächsischer Manier die abenteuerlichen Umstände mancher Entdeckungen spannend zu präsentieren. Mit botanischer Akribie und wissenschaftlicher Genauigkeit verfolgt sie die Spuren der Pflanzenjäger und zeigt, wie gefahrvoll und strapaziös ihre Unternehmungen einst waren und wie sich botanische Neugier und kommerzielle Interessen verbanden. Neben bekannten Namen, wie Vater und Sohn John Tradescant oder David Douglas und E. H. Wilson, berichtet sie von zahlreichen Männern und Frauen, die das botanische Wissen gemehrt haben, verschweigt aber nicht die historischen Hintergründe, die der Jagd nach Pflanzen zu Grunde lagen.
Faszinierend sind natürlich die Details, etwa wie Pflanzen für wissenschaftliche Forschungen getrocknet, gezeichnet oder wie versucht wurde, sie im Ganzen zu transportieren. Wie einfallsreich und erfinderisch Menschen sein können, dokumentiert das auf manchmal amüsante Art. So schätzte der als Arzt für die Ostindien-Kompanie tätige John Livingstone 1819, dass nur eine von tausend Pflanzen Europa lebend erreichte, was sich selbstverständlich in den Kosten niederschlug. So manche florale Kostbarkeit wurde übrigens bei Sturm als Ballast über Bord geworfen.

Wer beim Lesen immer mal wieder in den Garten blickt oder beim Spaziergang in einem Park die Lektüre Revue passieren lässt, wird mit freudigem Erstaunen Douglasie, Kaffee, Taschentuchbaum oder Tulpe plötzlich ganz anderes wahrnehmen. Der Blick zurück ins Buch ist in der Tat nahezu eine gedankliche Reise um die ganze Welt, die voller Wunder der Natur ist. Dass die Autorin selbst eine leidenschaftliche Pflanzenliebhaberin ist, vermag dieses Buch unzweifelhaft unter Beweis zu stellen. Lesen Sie, unbedingt Lesen!

Ambra Edwards
Pflanzenjäger
Wie exotische Pflanzen in unsere Gärten kamen
übersetzt von Anke Albrecht
durchgehend farbig
304 Seiten
Gerstenberg Verlag
ISBN 978-3-8369-2189-3

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