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Eine Ahnung vom Herbst

 

Herbstluft

 

Überall gehen die Sommerferien zu Ende. Es kehrt Ruhe ein am Meer. Anstelle der jungen Familien und ausgelassenen Teenager freuen sich die Gastgeber auf die ruhigen, aufmerksamen älteren Paare und allein reisenden Mittdreißiger in trendigen Allwetterjacken. Auch auf dem Zingst, Teil der Halbinsel Fischland-Darss-Zingst in Mecklenburg-Vorpommern. Viele Gäste kommen jedes Jahr wieder – wie die Zugvögel, denen sie auf der Spur sind. Sie wollen Kraniche sehen, die Vögel des Glücks. Kraniche verströmen dieses Glück bei ihrem Anblick an jene, die zu sehen vermögen.

Der Herbst ist ihre Zeit. Östlich von Zingst, auf den Wiesen zwischen Bodden und Meer finden sie Schutz. Die Rügen-Bock-Region im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft bietet ideale Bedingungen und zählt zu den bedeutendsten Rastgebieten der europäischen Population. Vom Ostrand des Osterwaldes führt die einzige befestigte Straße sieben Kilometer über die Sundische Wiese bis Pramort am äußersten Ende des Zingst. In der Schutzzone des Nationalparks sind Fahrzeuge verboten, ebenso dürfen der seeseitige Strand und der boddenseitige Uferbereich der Sundischen Wiese nicht betreten werden.

Futter finden sie auf den Mais- und Getreidestoppelfeldern. Sie verweilen. Sie müssen genügend Fettreserven für die bevorstehende Reise anlegen; kommen aus Skandinavien, zunehmend aus Finnland, dem Baltikum und Weißrussland hier zusammen. Ab Anfang August verlassen die ersten ihre Brutreviere.

Die Tage werden kürzer, der Wind dreht auf Nord, Nordost, die Temperaturen fallen. Diese stolz daher schreitenden Vögel steigen auf in die Lüfte. Auf der westeuropäischen Route fliegen sie in ihre Winterquartiere in Frankreich, Spanien und Portugal. In der Luft verständigen sich die Kraniche durch Rufe. Laut erschallen sie beim morgendlichen Ausflug oder abendlichen Einflug. Sind zu hören lange bevor sie zu sehen sind. Das Geräusch einer Kindheit in Mecklenburg.

Die Population hat sich vermehrt und steigt langsam weiter. Gab es in den 1960er Jahren knapp 600 Paare in Deutschland, sind es heute mehr als 7 000. Gründe dafür sind in der Renaturierung von Feuchtgebieten, dem gestiegenen Nahrungsangebot durch den zunehmenden Mais- und Getreideanbau und der nach Norden verlagerten Winterquartiere zu erkennen.

Veröffentlicht unter Allgemein, Auf Reisen | Hinterlasse einen Kommentar

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