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Weimarbesuch. Zum Geburtstag von Henry van de Velde

 

Als die Schriftstellerin Sigrid Damm zu ihren Recherchen quer durch Weimar unterwegs war, wird es auch solche Tage gegeben haben: trüb, kalt, mit am Straßenrand aufgehäuften Schneemassen. Anna lächelt mich an und ist dick in einen dunkelgrünen Schal eingehüllt. Wir laufen durch die Stadt, die als Inbegriff der Klassik gilt. Alles ist irgendwie bedeutungsschwer, überall finden sich Hinweise auf berühmte Bewohner und Besucher. Hinter den Fenstern drehen uns Persönlichkeiten den Rücken zu.

Fensterbilder

 

Dabei sieht Weimar heute gar nicht klassisch aus. Kein bisschen edel und amüsant. Vielmehr theatralisch im Schneeregenschauer. Wenn der Name der thüringischen Stadt fällt, denken alle an Goethe und Schiller. Lust auf Museen habe ich heute nicht. Auch wenn Anna ganz ambitioniert mit einer Handvoll Prospekten von Ausstellungen und Höhepunkten des Kulturjahres schwärmt, widerstehe ich. Einfach nur durch die Stadt laufen, sich vorstellen, dass Goethe und Schiller, Frau von Stein und Christiane Vulpius hier herumspaziert sind. Viel spannender erscheint mir das frühe 20. Jahrhundert: der Architekt und Designer Henry van de Velde und der viel begabte Harry Graf Kessler.

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So laufen wir weit hinaus. Lassen die Stadt hinter uns. Kurz schauen wir in den Garten an Goethes Gartenhaus. Ein paar Frühblüher zeigen sich, ansonsten winterliche Tristesse auf den Beeten. Das Haus ist für das Publikum geöffnet. Geräuschvoll nähert sich eine Schulklasse im Abituralter. Die Ärmsten. Kultur im Weimar-Gesamt-Paket. Dunkel erinnern wir uns an unsere ersten Weimarbesuche: Anna mit annähernd ähnlich lauter Kindergartengruppe, ich mit der Familie als kultureller Höhepunkt eines Verwandtenbesuches in Apolda.

Luther

Durch den Park an der Ilm streifen wir bei schräg fallenden Flocken bis zum Haus Hohe Pappeln. Henry van de Velde beauftragte den Bau als Domizil für seine Frau, die fünf Kinder und sich. Nach den Bedürfnissen der einzelnen Bewohner plante er das Haus und ließ es von innen nach außen wachsen. Es versteckt sich fast im Garten und zieht in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit auf sich. Die große Ausstellung zu Ehren seines 150. Geburtstages am 3. April 2013 öffnete am 24. März 2013 und zeigt noch bis zum 23. Juni 2013 seine Entwürfe und Möbel. Da wir recht früh hier sind, haben wir das Haus fast für uns allein. Die Fenster sollen wie Rahmen wirken, die Treppe zieren und verbinden, nicht versteckt werden und trennen. Die Möbel, die wir hier sehen, gefallen uns und schon stellen wir uns vor, wo wir diesen Tisch und den Schrank um die Ecke in unseren kleinen Mietwohnungen unterbringen könnten. Schade, sie wären wohl etwas zu groß und würden alles dominieren.

Langsam laufen wir zurück. Es hat aufgehört zu … – was eigentlich, zu schneien oder zu regnen? Anna stoppt abrupt und greift in den Rucksack. „Wir haben gar keine Fotos gemacht. Und ich schleppe die Kamera die ganze Zeit mit“, sagt sie etwas ärgerlich. Naja, beim dem Wetter ist das kein Verlust. Fotografieren ist schließlich Malen mit Licht und genau daran mangelt es schon den ganzen Winter. Bei Anna Amalia möchte ich noch vorbei gehen. Nein, nicht an der berühmten Bibliothek, sondern am Wittumspalais am Rande der Altstadt, wo sie ihre Gäste empfing.

Wittumspalais

Gleich dort, wo sich einst die alten Befestigungsanlagen befanden, an der Esplanade. Anna Amalia ließ im örtlichen Blatt verkünden, wenn sie am Nachmittag gedachte dort elegant zu flanieren, habe ich mal irgendwo gelesen. Wir folgen ihrem Vorbild und flanieren. Ob das einer bemerkt?

Schillerhaus

Vorbei an Schillers Haus gehen wir zum Markt, essen am Stand eine Thüringer Bratwurst und stellen fest, dass es Zeit wird zum Bahnhof aufzubrechen. Es schneeregnet wieder. Also Adieu Weimar! Wir kommen wieder – im Sommer.

Thüringer

P.S. Noch was Schönes zum Abschluß.

Blumenladen

Veröffentlicht unter Allgemein, Auf Reisen | Verschlagwortet mit | 2 Kommentare

2 Antworten zu “Weimarbesuch. Zum Geburtstag von Henry van de Velde”

  1. Editha Weber sagt:

    Da könnten Sie recht haben.

  2. Anne Häusler sagt:

    Toll in Weimar zu sein! Im Geiste bin ich den Weg mitgegangen.
    Ich glaube allerdings, dass Anna Amalia bei diesem Wetter sicher nicht aus Ihrem Palais gegangen wäre, sondern ihre Gäste zum Tee empfangen hätte.

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