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Mecklenburger Wasser. Historisches

 

Rauschend und gleichförmig fließen die hunderten kleinen Wasserläufe über eine breite Stufe hinunter, über zahllose kleine, halbrunde Stufen plätschert das Wasser in sanftem Schwall. Rechts und links rahmen die Kaskade Steinskulpturen ein. In der Mitte der Wasserfront thronen die übergroßen Allegorien von Stör und Rögnitz mit muskulösen Armen und Beinen, kräftigen Brustkörben, umgeben von Wild und Puten, Muscheln und Fischen. Die beiden Sandsteinfiguren liegen fast ausgestreckt, räkeln sich, halten das herzogliche Wappen und steinerne Krüge aus denen sich die Wasserströme ergießen. In ihrer Lässigkeit, ihrer selbstverständlichen Existenz symbolisieren die Götter hoheitsvoll die Kraft und Üppigkeit zweier Flüsse, die durch fürstlichen Willen und menschliche Arbeitskraft umgeleitet und zur Lustbarkeit für das Auge und das Ohr umfunktioniert wurden. Beide Flussgötter sind als alte Männer dargestellt und bekrönen die Kaskade auf dem Platz vor dem Schloss von Ludwigslust.

Wenn die Herrschaften aus den Kutschen und Sänften stiegen oder sich vom Pferd schwangen, werden sie das Götterensemble kaum wahrgenommen haben. Ihr Blick richtete sich auf das Schloss, obwohl manch ein adeliger Besucher vielleicht schon hinüber zur tempelartigen Kirche am anderen Ende des weiträumigen Stadtraumes schaute. Denn wie nur an wenigen Orten in Mecklenburg hat sich hier in Ludwigslust der Geist eines Zeitalters erhalten, dessen von Gott gesandte Regenten, begnadete Künstler, widersprüchliche Denker und ambitionierte Ästheten nach Ordnung strebten während sie umgeben von Krieg, Tumult, Krankheit, Hunger und Elend lebten.

In der Architektur dieser von vielfachen Ängsten geplagten Epoche haben sich die Vorstellungen erhalten, die von der Hierarchie der Gesellschaft von Adligen, Geistlichen, Bürgern und Bauern erzählen. An deren unterer breiter Basis befand sich in Mecklenburg ein Heer von Leibeigenen und Armen – Begriffe, die mancherorts synonym gewesen sein dürften.  In Mecklenburg fand die Aufhebung der Leibeigenschaft 1820 statt und führte zur Auflösung der Verantwortlichkeit des Gutsherren für seine Leute und eine Umstrukturierung der Dorfgemeinschaft in der Phase des Aufbruchs in eine frühkapitalistische Wirtschafts- und Sozialordnung. Das brachte neue Probleme mit sich, die der mecklenburgische Schriftsteller Fritz Reuter immer wieder beschrieben hatte.

 

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Eine Antwort zu “Mecklenburger Wasser. Historisches”

  1. Holger Schwarz sagt:

    Ah, das ging ja schnell mit der Fortsetzung. Interessant.

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